Prof. Dr. Manuel Schlögl war von 2007-2009 Kaplan im Pfarrverband Eichendorf und ist nun Professor für Dogmatik und Ökumenischer Dialog an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Außerdem ist er Mitglied des Schülerkreises des verstorbenen Papstes und stand in engem Kontakt mit Papst em. Benedikt XVI. In einem kurzen Bericht gibt Prof. Dr. Schlögl Einblicke in seine Begegnungen mit dem Verstorbenen.
Liebe Leserinnen und Leser!
Gerne komme ich der Einladung des Eichendorfer Pfarrteams nach und erzähle Ihnen von meinen persönlichen Begegnungen mit unserem emeritierten Papst Benedikt XVI., der am letzten Tag des Jahres 2022 nach einem langen erfüllten Leben mit und für die Kirche heimgegangen ist.
Natürlich habe ich als Theologiestudent Joseph Ratzinger zuerst über seine Bücher kennengelernt. Im Februar 2005 machten die Passauer Seminaristen mit Bischof Wilhelm Schraml eine einwöchige Romreise; dort durfte ich als frisch geweihter Diakon an einem Gottesdienst mit Kardinal Ratzinger mitwirken und erlebte ihn als sehr ernst und konzentriert auf das heilige Geschehen. Kurz danach war er Papst und ich Priester, man spürte ein neues Interesse an Glaube und Kirche und sprach bald von einer „Generation Benedikt.“
Ein Mensch, der einem alle Aufregung nahm
So bin ich wie viele andere meiner Mitbrüder mit Papst Benedikt XVI. „groß geworden“, und es kam mir fast wie ein Traum vor, als ich im Sommer 2009 zum ersten Mal am Treffen des Neuen Schülerkreises in Castel Gandolfo teilnahm und dort auch dem Papst persönlich vorgestellt wurde. Ich war sehr aufgeregt – und erlebte dann Benedikt XVI. als einen Menschen, der einem alle Aufregung nahm, der gut zuhören konnte und warmherzig antwortete.
Die Geschichten über Professor Ratzinger, die ich bei den Begegnungen mit seinen alten Schülern hörte, fand ich so spannend, dass ich darüber zwei Bücher schrieb: „Joseph Ratzinger in Münster“ (Dialogverlag 2012) und „Am Anfang eines großen Weges. Joseph Ratzinger in Bonn und Köln“ (Verlag Schnell und Steiner 2014). Ich besuchte viele frühere Studenten, Mitarbeiter, Kollegen und Nachbarn von Papst Benedikt, interviewte zum Beispiel Norbert Blüm und Kardinal Lehmann und lernte so immer mehr über diesen großen Lehrer des Glaubens. Besonders seine Predigten, die ich bei den jährlichen Schülerkreistreffen hautnah erlebte, haben mich nachhaltig geprägt und fasziniert. So sammelte ich einige besonders schöne oder auch noch unbekannte Texte und stellte daraus vier Predigtbände zusammen, die zwischen 2016 und 2019 im Johannes-Verlag erschienen sind.
Gespräche mit Benedikt XVI. waren „kostbarer Schatz“
Jedes Jahr flog ich nun nach Rom und überreichte dem mittlerweile emeritierten Papst eine Kiste voll mit diesen Bändchen, die er dann gerne an seine vielen Freunde verschickte. Insgesamt siebenmal durfte ich für jeweils eine Stunde bei ihm zu Gast sein, meistens unter vier Augen, in seinem fast überirdisch ruhigen, gepflegten, mit kostbaren Geschenken ausgestatteten Ruhesitz, dem Monastero Maria Mater Ecclesiae inmitten der Vatikanischen Gärten. Diese Gespräche mit ihm bewahre ich als einen kostbaren Schatz in meinem Herzen.
Benedikt XVI. bezeichnet Schlögl als „Freund“
Natürlich bemerkte ich von Jahr zu Jahr, wie ihm das Alter und auch die Krise der Kirche, das Wegbleiben der Gläubigen und die Kämpfe zwischen verschiedenen Gruppierungen zusetzten. „Alt zu werden, ist keine Gnade“, seufzte er einmal. Zugleich aber erlebte ich seinen Geist und Humor, sein unglaubliches Gedächtnis und sein echtes Interesse an meinem Weg, meinem Studium, meinen ersten Erfahrungen an der Hochschule. So wurde Papst Benedikt XVI. aus einem Lehrer, den man eher aus der Ferne sieht und bewundert, zu einem wirklichen Wegbegleiter, der seine Briefe mit seinem „väterlichen Segen“ beschloss und mich anderen gegenüber vor kurzem als einen „Freund“ bezeichnete, was mich besonders berührt hat.
So wie viele andere werde ich ihn vermissen, seine stille Präsenz, sein Wohlwollen, sein klares Urteil. Und doch hat er uns ein reiches Erbe hinterlassen, dessen wahre Bedeutung für die Erneuerung der Kirche man in den kommenden Jahrzehnten erst noch entdecken wird; und er wird aus der grenzenlosen Liebe Gottes heraus, in die er nun eingetreten ist, allen ein mächtiger Fürsprecher sein, die sich in ihren Anliegen an ihn wenden.