Der Bischöfliche Visitator Msgr. Dr. Hans Bauernfeind begrüßte die Anwesenden dort zusammen mit der Moderatorin des Abends, Brigitta Neckermann-Lipp, und dem bischöflichen Visitationssekretär Markus Sturm. Natürlich waren auch die Hauptamtlichen des Pfarrverbandes vollzählig vor Ort, also Pater Joshy Kanjirathamkunnel, Pfarrvikar Pater Robert Philominraj, Pastoralassistentin Elisabeth Eibl, Gemeindereferentin Gertraud Dickgießer sowie die Pfarrsekretärinnen Fine Weber und Andrea Eibl. Insgesamt waren der Einladung in das Pfarrzentrum gut 80 Pfarrverbandsangehörige aus fast allen Altersgruppen gefolgt.
"Was bringt mir das?"
Domdekan Hans Bauernfeind stellte zunächst fest, dass es bei der Visitation hauptsächlich um Themen geht, die den Pfarrverband betreffen — nicht die Weltkirche. In uns allen, die wir getauft sind, wirkt der Heilige Geist. Zusammen mit der Moderatorin und dem Visitationssekretär wolle Hans Bauernfeind den Pfarrverband, in dem es grundsätzlich schon gut laufe, auf einem neuen Weg, einem Weg der Erneuerung, begleiten. „Wir erleben tiefgreifende Veränderungen in der Gesellschaft. Einen großen Trend zur Individualisierung“, so der Visitator. Oft wird gefragt: „Und was bringt mir das?“ oder festgestellt: „Das geht mich gar nix an!“.
Wir brauchen uns gegenseitig
Dabei hat z. B. das Ehrenamt einen ökonomischen Aspekt: Wenn man etwas tun mag und es auch tut, verändert es die Welt. Mit anderen solidarisch zu sein, heißt auch, eins mit Gott zu sein. Da wir Verantwortung tragen, muss es in einem gewissen Maß auch Professionalisierung geben, z. B. was den Datenschutz und die Steuern betrifft. Die Digitalisierung bewegt die Kirche. Wir brauchen uns gegenseitig. Die Herausforderungen sind groß. Aber mittlerweile kann auch der Domdekan an Videokonferenzen teilnehmen. Werden durch die neuen Kommunikationswege Menschen aber auch ausgeschlossen, „weil ma nimma mitkimmt“? Wird Technik mißbraucht (Stichwort Hassbotschaft und Darknet)? Jedenfalls bedarf es gegenseitiger Unterstützung und eines vernünftigen Umgangs mit der Digitalisierung.
Der Mangel nimmt zu – Missbrauch, Personalmangel, Austritte
Bekannte Modelle greifen nicht mehr. Die Eltern taufen ihre Kinder, die Kinder wachsen in einem gläubigen Eltern- und Großelternhaus auf, es gibt die eine oder andere Glaubenskrise des Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, aber dann findet man wieder zum festen Glauben. Das alles war einmal bzw. ist jetzt der Ausnahmefall.
Die Zahlen der Mitfeiernden nehmen ab, der Mangel nimmt zu, auch der Personalmangel, die Kirche überaltert. Es bereitet große Probleme, Jugendliche anzusprechen.
Und der „Oberhammer“, das Unfassbare, das, was man nie zu denken gewagt hätte, ist Realität: der Missbrauch. Das Bistum Passau ist engagiert in der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, aber auch in der Prävention. Präventionsschulungen und erweitere polizeiliche Führungszeugnisse sind Pflicht. Die Staatsanwaltschaft wird sofort eingeschaltet, wenn ein Fall zutage tritt. Es gibt eine Aufarbeitungskommission, die auch von unabhängigen Dritten begleitet wird. Vom Betroffenenbeirat, also von Menschen, die selbst missbraucht worden sind, wird dem Bistum Passau bestätigt, dass man diesbezüglich auf einem guten Weg ist. Aber es gibt noch viel zu tun.
Wir haben Chancen
Über den Glauben sprechen ist nicht einfach. Haben wir Orte, wo Leute hingehen können, um ihre religiösen Bedürfnisse zu stillen? Was kann Kirche gut?
Wir haben Chancen. In unserer Diözese gibt es noch Brauchtum und lebendiges Glaubensleben. Es gibt engagierte Christen, die Feuerwehr mag noch mit der Kirche zusammenarbeiten. Verbände, Ministranten, Frauentreffs, Chöre. Das gibt es noch.
Die Menschen haben Sehnsucht nach Halt und Sinn. Was können wir dazugeben? Unser größtes Pfund ist zu wissen, wer wir als Christen in der Kirche sind. Wir Getauften sind auf die Mitte — Jesus Christus! — hin orientiert. Er ruft uns zu, auf ihn zu hören und zu ihm zu gehören.
Wer ist Kirche?
Alle, die zu ihm gehören, das ist Kirche. Und Kirche ist heilig. Zugleich sind wir eine Kirche der Sünder. Jesus richtet uns auf! Jesus ist unser Fundament. Er ist keine Idee (wie der Kommunismus und der Kapitalismus). Er ist wahrhaft von den Toten auferstanden und lebt unter uns. Es ist die vitale, echte, lebendige Mitte für uns. Er geht mit uns durch das Leben und auch durch den Tod. In der Eucharistie, sind Jesu Leib und Blut echt gegenwärtig.
„Brannte uns nicht das Herz, als er uns den Sinn der Schrift erschloss?“, so fragten die Emmausjünger. Mit ihm — und nur mit ihm — können wir uns und die Welt erneuern. Es braucht auch ein gesundes Selbstbewusstsein: Kirche, des samma mia! Wir müssen in der Welt auffallen. Diejenigen, die noch nicht oder nicht mehr zur Kirche gehören, müssen merken, dass es uns gibt.
Gleichzeitig wird bewusst, dass wir uns im Bistum Passau in einem Prozess der Erneuerung befinden. Der pastorale Raum wird größer, je weniger Personal da ist. Das birgt aber auch Chancen. So sieht man an der Firmung ab 16, dass gemeinsame Konzepte in einem größeren Rahmen auch funktionieren können. Gelegentlich kommt alles, was schon einmal war, wieder — ähnlich wie bei der Mode.
Jesus erneuert uns
Besonders wichtig ist, Mission und Auftrag konkret zu formulieren. So heißt es in der Handreichung zur Visitationsklausur, die Dr. Bauernfeind zusammen mit Frau Neckermann-Lipp an alle Anwesenden austeilte:
„Jesus erneuert uns — und die Welt. In der Kirche von Passau sind wir eine frohe, einladende und solidarische Glaubensgemeinschaft, die aus der Eucharistie lebt. Wir bekennen, dass uns in Jesus Christus allein Gottes Heil geschenkt ist und erkennen daher drei große Herausforderungen für heute und morgen: Gott um seiner selbst willen zu lieben, Jüngerschaft zu leben und den missionarischen Einsatz zu praktizieren.“
Ihre Fragen?
Nach einer kleinen Pause, die zu angeregten Diskussionen genutzt worden ist, waren alle Anwesenden zu einem gemeinsamen Austausch, den Frau Neckermann-Lipp souverän moderierte, eingeladen.
Die Anwesenden brachten unterschiedliche Gedanken in die Diskussionsrunde ein: Es müsse möglicherweile legerer, lockerer werden. Wie bringen wir vor allem Kinder und junge Leute wieder in die Kirche? Was hindert uns daran, in der Gastwirtschaft laut ein Tischgebet zu sprechen, uns als Christen zu outen? Man müsse mehr als Pfarrverband denken und sich gegenseitig unterstützen. Wie kann es sein, dass — trotz umfangreicher Bemühungen, die zur Verfügung stehenden Informationskanäle zu nutzen — selbst die Interessierten nicht wissen, was im Pfarrverband alles angeboten ist?
Was sagt uns Jesus?
Die Visitation ist ein Besuch, eine Begleitung auf einem neuen Weg, den die Getauften, in denen der Heilige Geist wirkt, gemeinsam mit ihrer Mitte (Jesus, ihrem Erlöser) gehen, der auch Erneuerung mit sich bringen wird, der Bewegung verursacht.
So fasste der Visitator den Austausch schließlich auf ein paar Kernfragen zusammen: Wie müssen wir uns als Kirche im Pfarrverband Eichendorf mit Jesus aufstellen und in Bewegung setzen, um neue Formate zu entwickeln? Wie steht es um die Kommunikation im Pfarrverband Eichendorf? Wissen wir voneinander? Was sagt uns Jesus? Wie kommen wir vom Ist- in den Sollzustand? Wie wird’s vital? Was heißt für uns „Symbol der Auferstehung“ unter dem Aspekt, dass Jesus uns ruft?
Ganz zum Schluss des Auftakt- und Pfarrverbandsabends bedankten sich Dr. Hans Bauernfeind, Brigitta Neckermann-Lipp und Markus Sturm für die hervorragende Vorbereitung und das gute Miteinander, bevor Pater Robert Philominraj den Abend mit einem Gebet beschloss.
Einladung zur Visitationsklausur
Bei der Klausur am 3. und 4. Februar 2023 im Haus der Begegnung in Burghausen ist darüber hinaus Zeit und Raum, sich weiter mit den Themen der Visitation zu beschäftigen. Auch dazu sind wieder alle, denen die Zukunft der Kirche im Pfarrverband Eichendorf am Herzen liegt, herzlich eingeladen.