Nachdem der geschäftsführende Bildungsreferent der Katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis Dingolfing-Landau, Stefan Ramoser, das „Laudate omnes gentes“ angestimmt hatte, brachten am Sonntagnachmittag (18. Juni 2023) Mesnerin Johanna Goldbrunner und Kirchenpfleger Hans Schott den zahlreichen Besuchern der Veranstaltungsreihe „Kirche & Wirtshaus“ die Entstehungsgeschichte der Wallfahrtskirche Salvator Mundi und die Legende um das Gotteshaus „auf der Haid“ näher, das am Sonntag nach dem Herz-Jesu-Freitag, also zehn Tage nach Fronleichnam, sein Patrozinium feiert. Die Reihe startete im Landkreis Dingolfing-Landau im Jahr 2003, und bis jetzt haben seither 87 Veranstaltungen stattgefunden und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
Die Reihe startete im Landkreis Dingolfing-Landau im Jahr 2003, und bis jetzt haben seither 87 Veranstaltungen stattgefunden und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Seit Jahrzehnten eng mit der Wallfahrtskirche Salvator Mundi verbunden, erzählten Johanna Goldbrunner und Hans Schott mit viel Herzblut Interessantes über die „große Kirche im kleinen Dorf“.
Die Legende
Die Legende besagt, dass der Priester von Kammern zu einem Notfall gerufen wurde. Er musste nach Wisselsdorf, um einem sterbenden Bauern die „letzte Ölung“ (also das Sakrament der Krankensalbung) zu spenden. Ihn begleitete ein Verwandter. Dabei stolperte der Pfarrer und verlor die konsekrierte Hostie. Ein Jahr später fand eine Jagd statt. Die Hunde der Jäger wichen nicht mehr von einem Holunderstrauch, unter dem die Jäger die verlorengegangene Hostie fanden. Genau an dieser Stelle wurde dann die Kirche von Haid gebaut. Die seinerzeitige feierliche Einholung des Leibes Christi ist auf dem im 17. Jahrhundert entstandenen und in den 1980-er Jahren restaurierten Wallfahrtsbild (Öl auf Leinwand), das im Presbyterium thront, beeindruckend dargestellt.
Zur Baugeschichte
Die eucharistische Wallfahrt zum Gnadenbild des Salvator Mundi (also dem Erlöser der Welt) geht auf das Jahr 1470 zurück — mit Erbauung einer spätgotischen Kirche im Jahr 1473. Die heutige Kirche — so, wie man sie schon von Weitem sehen kann („De Kircha vo da Hoad, sehgst weit und broad“) — wurde in den Jahren 1720 bis 1730 unter Verwendung der Bausubstanz der Vorgängerkirche erbaut. Baumeister war Dominicus Magzin, der — unverkennbar an Turm- und Langbaugestaltung — auch die Landauer Stadtpfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt und die Ettlinger Pfarrkirche St. Albanus erbaute. Die Fertigstellung erfolgte durch Maurermeister Sebastian Preller und Zimmerermeister Sebastian Preger, beide aus Landau a.d.Isar.
Eine Kirche voller Besonderheiten
In der Wallfahrtsfilialkirche Haid selbst gibt es viele Besonderheiten zu entdecken, unter anderem einen Dreh-Tabernakel mit drei Kammern (für Monstranz und Ziborium). Die Aufsatzbilder der Seitenaltäre zeigen die Hl. Cäcilia und den Hl. Franziskus mit Stigmata. Eine schöne Rosenkranzmadonna (Madonna Serpentinata) aus dem 18. Jahrhundert — der Zeit der schönen Madonnen — ziert die rechte Seite des Kircheninneren. Die in der Kirche angebrachten Votivtafeln bezeugen seit dem 19. Jahrhundert eine Wallfahrt zur Gottesmutter.
Die Pietá aus Ganackersberg
Die Kanzel auf der linken Seite wurde 1953 neu marmoriert und zeigt die Evangelisten Matthäus (mit Engel), Markus (mit Löwe), Lukas (mit Stier) und Johannes (mit Adler) sowie den Apostel Paulus und auf dem Schalldeckel den guten Hirten, dessen Darstellung in anderen Kirchen nicht oft zu finden ist.
Bei der letzten Renovierung wurde unter dem Treppenaufgang eine Nische freigelegt. Dort fand die hölzerne Pietá ihren Platz. Diese Figur ist sehr alt — sie stammt aus der Zeit um 1430 bis 1440. Sie gehört eigentlich in die Kirche von Ganackersberg. Da sie dort jedoch wegen zu hoher Feuchtigkeit und auch aufgrund Diebstahlgefahr nicht aufgestellt werden kann, kommt sie in Haid hinter einem kunstvollen schmiedeeisernen Gitter richtig zur Geltung.
Ein „Schlupf“ unter dem Hochaltar
Eine große Besonderheit in der Wallfahrtskirche ist auch der „Schlupf“. Bei den Vorbereitungen zur Renovierung wurde im Oktober 2006 unter dem Hochaltar eine Öffnung entdeckt. Die Öffnung galt als Stelle, an der der eingangs genannte Hollerbusch stand. Leider, so erzählte Mesnerin Johanna Goldbrunner, lässt sich nicht mehr feststellen, welchen Zweck dieser Schlupf — wie er bezeichnet wird — hatte. Auf einigen Fotos konnten die Besucher anschließend unter anderem die Fundstücke (alte Tonscherben, Münzen etc.) begutachten, die durch Kreisheimatpfleger Kreiner und seinen Mitarbeiter, Herrn Hahn, dort ausgegraben wurden.
Kirchturmuhr wird täglich von Hand aufgezogen
Eine weitere Besonderheit — und (neben dem großen Kirchenschlüssel) der ganze Stolz der Mesnerin — ist die alte Turmuhr. 1916 angeschafft wird sie seit über 25 Jahren täglich zuverlässig von Johanna Goldbrunner aufgezogen. Turmuhren, die händisch aufgezogen werden müssen, gibt es im ganzen Bistum Passau — neben Haid — nur noch in zwei weiteren Kirchen.
Höchster Punkt des Altlandkreises
Die beiden Referenten luden alle Anwesenden recht herzlich ein, sich bei Gelegenheit Zeit zu einer Besichtigung des Turmes zu nehmen, auf dem sich zwei alte Vermessungspunkte befinden. Schließlich ist die Kirche „auf da Hoad“ der höchste Punkt des Altlandkreises Landau a.d.Isar. Auf einer Höhe von 425 Metern über Meereshöhe ragt der 42,5 Meter hohe Turm in den Himmel und bietet eine erstaunliche Aussicht, vor allem in den Bayerischen Wald. Von Aldersbach bis hin zum Bogenberg und weit über den Gäuboden hinaus lassen sich rundum sehr viele andere Kirchtürme erblicken (man spricht von um die 40 Stück).
Zur Geschichte der Haider Kirchengemeinde
Seit circa 1880 ist die Haider Kirche Hauptkirche für die Bevölkerung von Haid, Wisselsdorf, Ganackersberg und Teile von Heimhart. Vorher war die Kirche von Ganackersberg die Hauptkirche mit Friedhof, auch dieser wurde dann nach Haid verlegt und am 24. März 1887 eingeweiht. Die Grabtafel der Viktoria Zwinger aus Wisselsdorf, die als erste hier beerdigt wurde, wird hinter dem Hochaltar aufbewahrt.
Das Haider Gotteshaus war bis 1974 Filialkirche von Kammern. Als der damalige Pfarrer Stupka verstarb, trennte sich die Pfarrei ab. Durch die damals laufende Gebietsreform wurde beschlossen, die Kamminger mit Hilgersdorf, Rufenberg, Schlüpfing, Silbersberger und Wimpersing in Eigenständigkeit in den Pfarrverband Landau a.d.Isar einzugliedern. Die Pfarrei Haid schloss sich dem Pfarrverband Eichendorf an, zu dem sie auch heute noch gehört — wenn auch seit einigen Jahren als so genannte Filiale.
Kirchenglocken und Renovierung
Im Jahre 1980 segnete Monsignore Josef Paulus Demmler die neue Kirchenglocke. Dem damaligen Organisten Max Balk war aufgefallen, dass mit der alten, aus dem Jahre 1756 stammenden Glocke etwas nicht stimmen konnte, woraufhin eine Untersuchung stattfand, die der alten Glocke, die dann mit ihren 323 kg im hinteren Bereich des Langhauses ihren neuen Platz gefunden hat, einen Sprung attestierte. Die beiden kleineren Glocken stammen aus dem Jahr 1473 und bringen 224 kg bzw. 75 kg auf die Waage.
Im Laufe der Zeit wurde das Gotteshaus immer wieder renoviert. Zuletzt in den Jahren 2000 bis 2012. Dabei erhielt die Filialkirchenstiftung Haid vor allem von der Bramenkamp Stiftung in Landau a.d.Isar große finanzielle Unterstützung. Exemplarisch dafür steht die Figur des Salvator Mundi, die auf dem Tabernakel ihren festen Platz hat und im 15. Jahrhundert — aus der Zeit der Spätgotik — stammt, später (zwischen 1612 und 1772 — zu erkennen an dem Faltenwurf) barockisiert und schließlich im Jahre 2010 von Florian Hilz restauriert wurde.
Wiederbelebung der Wallfahrt
Während der Amtszeiten des damaligen Bischofs Wilhelm Schraml (welcher die Haid gleich dreimal besuchte und am 17. Juni 2012 den Altar, der eine Reliquie des Heiligen Bruder Konrad beherbergt, weihte) und des vormaligen Ortspfarrers Adolf Martin Ortmeier wurde die Wallfahrt in Haid wiederbelebt. Jeden letzten Donnerstag im Monat findet ein Wallfahrtsgottesdienst statt. An einem Donnerstag deshalb, weil am Gründonnerstag auch das letzte Abendmahl stattgefunden hat. Seit Jahrhunderten wird schon auf die Haid gepilgert. Die Wallfahrten der Pfarreien Exing und Kammern zum Salvator Mundi und zur Gottesmutter haben weiterhin eine feste Tradition.
Seit einigen Jahren werden auch Pilgerführungen angeboten. Sie führen von Haid nach Wallersdorf, von Eichendorf nach Haid, rund um Haid (Meisternthal, Wildeneck, Heimhart, Ganackersberg) und werden von der Bevölkerung gut angenommen.
„Lied von Haid“
Nach den ausführlichen Erzählungen des Kirchenpflegers und der Mesnerin, brachten beide den Besuchern die Geschichte der „Heilquelle“ näher, die zusammen mit der Wallfahrtskirche und der Filialkirche Ganackersberg ein „religiöses Dreieck“ bildet. Danach sangen Johanna Goldbrunner und Ursula Glashauser das „Lied von Haid“. Die begnadete Musikerin Ursula Glashauser textete und vertonte dieses Lied über die Entstehung der Wallfahrtskirche in dem kleinen Dorf mit inzwischen 18 Häusern. Abschließend spendete Pater Joshy — nachdem er die Anwesenden einlud, gemeinsam mit ihm das Vaterunser und ein Ave Maria zu beten — den Segen.
Von der Kirche ins Wirtshaus
Stefan Ramoser von der KEB im Landkreis Dingolfing-Landau und Birgit Scholz vom Landkreistourismus dankten den Referenten, Ursula Glashauser und Pater Joshy und luden alle Teilnehmer in das traditionsreiche Gasthaus „Zum Alten Brauhaus“ nach Exing ein. Denn Kirchen und Wirtshäuser seien Begegnungsstätten, in denen sich das Leben der Menschen widerspiegelt, und sie seien untrennbar miteinander verbunden. In der vollen Gaststube wusste Johann Flexeder nicht nur viele Anekdoten über das Wirtshaus zu erzählen, auch über Exing selbst, den ansässigen Adel, die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr im Jahr 1876 und den Sommerkeller konnte er höchst kurzweilig viel Interessantes berichten.
1915 kauften die Urgroßeltern von Johann Flexeder, Maria und Anton Flexeder, das Wirtshaus das seit 1693 als Wirts- und Brauhaus geführt wurde. Seit 2020 ist es im Besitz von Sandra Flexeder und somit seit vier Generationen im Familienbesitz.
Traditionsreiche Gaststätte
In früheren Zeiten fanden im sogenannten Sommerkeller regelmäßig Veranstaltungen statt, teils mit Feuerwerk, wie eine Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1861 zeigte. Eine weitere Anzeige aus dem Jahr 1869 lud zum Pferdeschlittenrennen nach Exing ein. Abschließend berichtete der Referent über eine besondere Exinger Persönlichkeit: Toni Sulzböck. 1922 im Wirts- und Brauhaus geboren, wurde der begnadete Zitherspieler Komponist und Produzent. Unter anderem komponierte Sulzböck, der 1994 in München verstarb, Lieder für Maria und Margot Hellwig, Marianne und Michael und Karl Moik.
Im Anschluss an die „Brotzeit-Polka“ und dem Lied „Es muss ein Sonntag g´wesn sei“ (jeweils komponiert von Toni Sulzböck) fand der Veranstaltungstag des KEB und des Landratsamtes Dingolfing-Landau Fachbereich Tourismus seinen krönenden Abschluss.
Die nächste Veranstaltung...
Die nächste und letzte Veranstaltung „Kirche & Wirtshaus“ in diesem Jahr findet am Sonntag, den 30. Juli 2023, in Niederviehbach statt. Hier ist um 16.00 Uhr Treffpunkt in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, und anschließend geht es in den Gasthof „Zum Binderbräu“. Die Veranstaltung wird ca. 2 Stunden dauern, auch dafür ist eine Anmeldung nicht notwendig.
Fotos und Bericht: Ulrich Altmann