Vor ungefähr zwei Monaten haben wir uns alle ein gutes neues Jahr gewünscht. In unserem Pfarrbrief sogar ein gutes „heiliges“ Jahr. Haben Sie schon irgendetwas gemerkt davon? Hat sich schon irgendetwas verändert? Die passende Gegenfrage wäre wahrscheinlich: „Was soll sich denn schon ändern?“ Das ist eine gute Frage, finde ich. „Was soll sich denn wirklich ändern – bei mir, in mir?“ Ganz einfach ist die Frage oft nicht zu beantworten. Auch wenn es mir nicht passt, wie es ist, heißt es noch lange nicht, dass ich genau weiß, was sich tatsächlich ändern soll. Auch wenn ich mit mir selbst unzufrieden bin, heißt es noch nicht, dass ich bereit bin, tatsächlich etwas zu ändern – schon gar nicht bei mir selbst.
Der erste Schritt...
„Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.“ Auch wenn dieses Sprichwort oft spöttisch und ironisch daherkommt, stimmt es schon in gewisser Weise: Um etwas in mir ändern zu können, muss ich mich mit mir auseinandersetzen. Ich muss wissen, was es ist, was verhindert, dass ich „heiliger“, freier, erlöster, besser, usw. leben kann. Die Fastenzeit als Zeit der Besinnung ist ein idealer Zeitpunkt für so eine Selbstbesinnung. Das allein reicht aber oft nicht. In dem Lied »Meine engen Grenzen« hat der evangelische Pfarrer Eugen Eckert sich offen seine Schwächen und Grenzen eingestanden.
Begrenzt oder grenzenlos?
An seine Grenzen ist Pfarrer Eckert in seiner Arbeit in einem Heim für Mädchen aus schwierigen Situationen geraten. Das Lied entstand in einer Situation, in der er nicht mehr weiterwusste: Er wurde bedroht und bestohlen und konnte nicht verhindern, dass eine Schutzbefohlene sich das Leben nahm. Da spürt Eckert, dass er nicht alles selbst ändern oder bessern kann, dass er nicht alles in der Hand hat. Er erlebt seine Ohnmacht. Anders als die Resignation aber ist der Glaube: Wenn ich an Gott glaube, weiß ich, dass ich mein Leben selbst leben und in die Hand nehmen muss und zugleich weiß ich, dass ich nicht alles selber leisten kann und muss. Ich kann meine Schwächen, meine Angst, meine Zweifel und Grenzen ehrlich ansehen: Weil ich weiß, dass letztlich Gott es ist, der wandelt. So heißt es in dem Lied:
Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht bringe ich vor dich.
Wandle sie in Weite, Herr, erbarme dich.
Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt bringe ich vor dich.
Wandle sie in Stärke, Herr, erbarme dich.
Mein verlornes Zutraun, meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich.
Wandle sie in Wärme, Herr, erbarme dich.
Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit bringe ich vor dich.
Wandle sie in Heimat, Herr, erbarme dich.
Was wird sich wandeln?
Von jetzt auf gleich geschieht dieser Wandel wahrscheinlich nicht immer. Aber steter Tropfen höhlt den Stein, heißt es – was in diesem Fall sehr tröstlich ist.
Von Herzen wünsche ich uns allen eine Fastenzeit, die uns hilft, dass wir den inneren Wandel an Ostern feiern können: Den Wandel vom Tod zum Leben, von der Finsternis zum Licht, von der Kurzsichtigkeit in die Weite, von der Ohnmacht in die Stärke, von der Ängstlichkeit ins Vertrauen und von der Sehnsucht in die Geborgenheit – und den Wandel, den jeder von uns sich ersehnt.
Eure/Ihre Gemeindereferentin Gertraud Dickgießer
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Gertraud Dickgießer
Gemeindereferentin