ANMP0085 Foto: Johanna Goldbrunner

Filialkirche Ganackersberg

Von der „hohen Zeit“ der Ganackersberger Kirche über ihren langen „Dörnröschenschlaf“ bis hin zum „Wiedererwachen“ in der Jetzt –Zeit.

Daten zur Kirchengeschichte von Ganackersberg:

  • Ende 12. Jahr­hun­dert: Bau der roman­ti­schen Eigen­kir­che“ St. Georg zu Gana­ckers­berg in der Ein­öde und Altar­wei­he. Zwei Söl­den (klei­ne zehnt­pflich­ti­ge Anwe­sen) sind der Kir­che grund­bar und sor­gen für Deckung der auf­lau­fen­den Kosten.
  • Um 1200: Ers­te urkund­li­che Erwäh­nung von Gana­ckers­berg unter dem Namen Kun­dach­er­sper­ge“ als ein Lehen des Hoch­stifts Pas­sau an das Rit­ter­ge­schlecht der Wal­ler zu Wildthurn.
  • 1247: Ein Pfar­rer von Kam­mern mit Namen Vigi­lo wird erst­mals genannt. Von Anfang an ist die dor­ti­ge Geist­lich­keit für die regel­mä­ßi­ge Abhal­tung der Got­tes­diens­te in der Kir­che von Gana­ckers­berg und die Lei­chen­be­gäng­nis­se im Fried­hof von Gana­ckers­berg ver­pflich­tet. Die Kir­che St. Georg in Gana­ckers­berg ist älter oder zumin­dest gleich alt wie die ers­te Pfarr­kir­che von Kam­mern St. Stephanus.
  • 14. / 15. Jahr­hun­dert: In der Zeit der Gotik erlebt Gana­ckers­berg eine Blü­te­zeit und erhält eine stil­ge­rech­te Innen­aus­stat­tung des Got­tes­hau­ses mit einem kunst­vol­lem Wand­fres­ko im Chor, wert­vol­len Hei­li­gen­fi­gu­ren an den Altä­ren und lit­ur­gi­sches Zube­hör aus Edel­me­tal­len, wie einen her­aus­ra­gen­den Messkelch.
  • Um 1470: Mit dem Hos­ti­en­wun­der auf der Haid und dem Bau einer ers­ten Wall­fahrts­kir­che dort auf der Haid gerät Gana­ckers­berg all­mäh­lich in den Hin­ter­grund. Dem Pfar­rer von Kam­mern wird das abge­le­ge­ne Gana­ckers­berg zur Last und er will die­se abschütteln. 
  • 1693: Die Gemein“ Wis­sels­dorf, die Gana­ckers­berg zuge­ord­net ist, beschwert sich in Pas­sau über den Pfar­rer von Kam­mern, dass er den übli­chen Got­tes­dienst, der alle vier­zehn Tage trifft, nicht hal­te und den an die Mes­se anschlie­ßen­den Fried­hofs­um­gang mit Weih­was­ser­aus­ge­bung aus­fal­len las­se. Auf Druck des Pfar­rers von Kam­mern wird in Gana­ckers­berg in der Fol­ge­zeit nur noch jeden drit­ten Sonn­tag die Mes­se gelesen.
  • 1693: Über den Mes­ner von Gana­ckers­berg der auf der Haid wohnt, wird eben­falls Kla­ge geführt, dass er das Tag­an­läu­ten, das Gebet­läu­ten“ auf die Nacht und auch das Wet­t­er­läu­ten beim Auf­zie­hen eines Gewit­ters in Gana­ckers­berg sträf­lich unter­las­se, obwohl er im Jahr einen Zehnt im Wert von 15 fl (Gul­den) erhalte.
  • Um 1730: Die nahe­ge­le­ge­ne groß­ar­ti­ge Wall­fahrts­kir­che in Haid in fei­nem Roko­ko-Stil wird fer­tig­ge­stellt und erlebt einen Ansturm von Wallfahrern. 
  • 1749: Das Kirch­lein von Gana­ckers­berg wird als alt­mo­disch, unbe­quem und ärm­lich ange­se­hen. Es hat kein spie­geln­des Pflas­ter am Boden und nicht ein­mal Kir­chen­stüh­le. Die Beten­den müs­sen auf einem gro­ben Zie­gel­stein­pflas­ter knien.
  • 1754: Der Pfar­rer von Kam­mern bit­tet den Bischof von Pas­sau, dass die jeden drit­ten Sonn­tag in Gana­ckers­berg abzu­hal­ten­de Mes­se von nun an in Haid gehal­ten wer­den dür­fe. Die Gemein­de Wis­sels­dorf pro­tes­tiert dar­auf­hin wie­der­rum scharf dage­gen. Auch der Bau­er von Gana­ckers­berg schließt sich an. Dem Wunsch des Kammin­ger Pfar­rers wird von Pas­sau aus nicht entsprochen. 
  • Um 1800: Die Gana­ckers­ber­ger Kir­che kommt immer wei­ter her­ab und ist rui­nös. Außer­dem erweist sie sich für die Kir­chen­be­su­cher aus den inzwi­schen grö­ßer gewor­de­nen Dör­fern Wis­sels­dorf, Heim­hart und den Bewoh­nern von Gana­ckers­berg als zu klein, so dass der Pfar­rer an hohen Fei­er­ta­gen, wie dem Oster­fest, die Pre­digt auf dem Fried­hof unter frei­em Him­mel hal­ten muss.
  • 1805: Der Fürst­be­such Leo­pold von Thun ver­fügt am 27. Juni des Jah­res, dass die Fili­al­kir­che von Kam­mern in Gana­ckers­berg gänz­lich demo­liert“, also abge­ris­sen wer­den soll und die dort vor­ge­se­he­nen Got­tes­diens­te nach Haid ver­legt wer­den. Durch die Wir­ren der Säku­la­ri­sa­ti­on in Bay­ern ist die­ser Beschluss des Abbruchs, Gott sei Dank, nicht voll­zo­gen worden.
  • 1845: Der Bau­er von Gana­ckers­berg hat die schlimms­ten, durch einen schwe­ren Hagel­schlag im Juni des Vor­jah­res ver­ur­sach­ten Schä­den am Kirch­lein not­dürf­tig repa­riert. Aber das Gebäu­de ist in einem sehr maro­den Zustand, der mit der fort­schrei­ten­den Zeit nicht bes­ser wird. 
  • 1850: Bischof Hein­rich von Pas­sau schließt die Kir­che von Gana­ckers­berg wegen gro­ßer Bau­fäl­lig­keit und Unrein­lich­keit im Kir­chen­in­nern. Die fäl­li­gen Got­tes­diens­te sol­len von nun an in Haid gehal­ten werden. 
  • 1855: Der Ein­öd­bau­er und die Gana­ckers­berg zuge­hö­ri­gen Häu­ser der umlie­gen­den Ort­schaf­ten füh­len sich an ihrer Ehre gepackt und brin­gen in Eigen­re­gie das Kirch­lein wie­der in Schuss. Der Gana­ckers­ber­ger Bau­er nimmt dafür 600 Gul­den in die Hand, die Dörf­ler leis­ten Hand- und Spann­diens­te und ret­ten damit die Kir­che vor dem Ver­fall. Die Kir­che erhält wie­der die Bene­dik­ti­on (Wei­he) und ihre alt­her­kömm­li­che Got­tes­dienst­ord­nung zurück, aller­dings mit dem ver­häng­nis­vol­len Zusatz: Der tref­fen­de pfarr­li­che Got­tes­dienst von Gana­ckers­berg soll in Haid abge­hal­ten wer­den, wenn in schlech­ter Jah­res­zeit der Weg nach Gana­ckers­berg nicht gut pas­sier­bar ist. Das war der Anfang vom Ende der Herr­lich­keit von Gana­ckers­berg. Alle ihre kirch­li­chen Rech­te ver­lor Gana­ckers­berg an Haid und sank zur Bedeu­tungs­lo­sig­keit herab. 
  • 1862: In den Ver­hand­lun­gen des His­to­ri­schen Ver­eins für Nie­der­bay­ern“ ist auf Sei­te 208 ver­merkt, dass sich die Stein­fi­gur mit einem ham­mer­ähn­li­chen Instru­ment in Hän­den (das Gana­ckers­ber­ger Man­dl“), die sie­ben Jahr­hun­der­te lang als Ante­fi­xum, als eine an der Wand befes­tig­te Stein­plat­te, an der Außen­sei­te der Kir­chen­tür zu sehen war, nun im Pfarr­hof Kam­mern befin­det. Das uralte, sagen­um­wo­be­ne, figür­li­che Stein­bild wur­de vor­sichts­hal­ber in Sicher­heit gebracht. 
  • 1867: In der Sta­tis­ti­schen Beschrei­bung des Bis­tums Pas­sau“ wird ver­merkt, dass zur Sepul­tur“ (Begräb­ni­s­ort, Fried­hof) Gana­ckers­berg außer der Ein­öde Gana­ckers­berg selbst mit 13 See­len, das Dorf Haid mit sechs Häu­sern und 39 See­len, Wis­sels­dorf mit 24 Häu­sern und 149 See­len auch noch zur Hälf­te das Dorf Heim­hart mit 17 Häu­sern und 96 See­len gehören. 
  • 1887: Der Fried­hof in Gana­ckers­berg wird auf­ge­las­sen. Die neue Begräb­nis­stät­te ist Haid. 
  • 1896: Zum Ende des 19. Jahr­hun­dert setzt im Zei­chen des His­to­ris­mus“ die Rück­be­sin­nung auf alte Zei­ten und die Wert­schät­zung geschicht­lich tra­dier­ter Wer­te und Wer­ke ein. Das führt auch zu einer Reno­vie­rung der Kir­che zu Gana­ckers­berg, um die Sub­stanz des Bau­werks not­dürf­tig zu erhalten. 
  • 1959: Mit der Eröff­nung des Hei­mat­mu­se­ums Land­au kommt das Gana­ckers­ber­ger Man­dl als Dau­er­leih­ga­be ins Muse­um und ist bis auf den heu­ti­gen Tag ein Prunk­stück und eine Attrak­ti­on der Dauerausstellung. 
  • 1974: Die Pfar­rei Kam­mern kommt zum Groß­teil zum Pfarr­ver­band Land­au. Die Spren­gel­tei­le Gana­ckers­berg, Haid, Heim­hart und Wis­sels­dorf wer­den seel­sor­ge­risch fort­an von Eichen­dorf aus betreut.
  • 2023: Die feuch­ten Grund­mau­ern des denk­mal­ge­schütz­ten Bau­werks wer­den tro­cken gelegt.
  • 2024: Eine drei­di­men­sio­na­le ori­gi­nal­ge­treue Kopie des Gana­ckers­ber­ger Man­dls, finan­ziert von der BRA­MEN­KAMP-Stif­tung, wird im Ein­gangs­be­reich des Kirch­leins ange­bracht. Das Ori­gi­nal des Stein­re­li­efs bleibt in Landau. 
ANMP0088 Foto: Johanna Goldbrunner
Der Innenraum der Ganackersberger Filialkirche.

Das Ganackersberger Mandl

  • Kopie der ältes­ten Stein­plas­tik in unse­rem Land­kreis, ent­stan­den um das Jahr 1200, einst ange­bracht im Ein­gangs­be­reich die­ser klei­nen roman­ti­schen Kir­che St. Georg.
  • Nai­ve Dar­stel­lung eines Man­nes mit erho­be­ner Spitz­ha­cke. Ver­mut­lich Abwehr­fi­gur gegen alles Böse vor dem Betre­ten der Kirche.
  • Eine vor Ort ver­brei­te­te Sage hält das Man­dl für ein Selbst­bild­nis des Erbau­ers der Kir­che, der die­se als Süh­ne­leis­tung für eine began­ge­ne schwe­re Schuld errich­tet hat.
  • Das Ori­gi­nal befin­det sich im Hei­mat­mu­se­um Land­au an der Isar.
Ganackersberger Mandl Foto: Hans Schott
Eine Kopie des Ganackersberger Mandls im Eingangsbereich der Kirche.

Quel­len: 
Sta­tis­ti­sche Beschrei­bung des Bis­tums Pas­sau, 1867
Ver­hand­lun­gen des His­to­ri­schen Ver­eins für Nie­der­bay­ern, Band 8, 1862
Land­au­er Zei­tung, 30. Juni 1960
Inter­net: Göt­zen­stei­ne und figür­li­che Steinbilder