
Filialkirche Ganackersberg
Von der „hohen Zeit“ der Ganackersberger Kirche über ihren langen „Dörnröschenschlaf“ bis hin zum „Wiedererwachen“ in der Jetzt –Zeit.
Daten zur Kirchengeschichte von Ganackersberg:
- Ende 12. Jahrhundert: Bau der romantischen „Eigenkirche“ St. Georg zu Ganackersberg in der Einöde und Altarweihe. Zwei Sölden (kleine zehntpflichtige Anwesen) sind der Kirche grundbar und sorgen für Deckung der auflaufenden Kosten.
- Um 1200: Erste urkundliche Erwähnung von Ganackersberg unter dem Namen „Kundachersperge“ als ein Lehen des Hochstifts Passau an das Rittergeschlecht der Waller zu Wildthurn.
- 1247: Ein Pfarrer von Kammern mit Namen Vigilo wird erstmals genannt. Von Anfang an ist die dortige Geistlichkeit für die regelmäßige Abhaltung der Gottesdienste in der Kirche von Ganackersberg und die Leichenbegängnisse im Friedhof von Ganackersberg verpflichtet. Die Kirche St. Georg in Ganackersberg ist älter oder zumindest gleich alt wie die erste Pfarrkirche von Kammern St. Stephanus.
- 14. / 15. Jahrhundert: In der Zeit der Gotik erlebt Ganackersberg eine Blütezeit und erhält eine stilgerechte Innenausstattung des Gotteshauses mit einem kunstvollem Wandfresko im Chor, wertvollen Heiligenfiguren an den Altären und liturgisches Zubehör aus Edelmetallen, wie einen herausragenden Messkelch.
- Um 1470: Mit dem Hostienwunder auf der Haid und dem Bau einer ersten Wallfahrtskirche dort auf der Haid gerät Ganackersberg allmählich in den Hintergrund. Dem Pfarrer von Kammern wird das abgelegene Ganackersberg zur Last und er will diese abschütteln.
- 1693: Die „Gemein“ Wisselsdorf, die Ganackersberg zugeordnet ist, beschwert sich in Passau über den Pfarrer von Kammern, dass er den üblichen Gottesdienst, der alle vierzehn Tage trifft, nicht halte und den an die Messe anschließenden Friedhofsumgang mit Weihwasserausgebung ausfallen lasse. Auf Druck des Pfarrers von Kammern wird in Ganackersberg in der Folgezeit nur noch jeden dritten Sonntag die Messe gelesen.
- 1693: Über den Mesner von Ganackersberg der auf der Haid wohnt, wird ebenfalls Klage geführt, dass er das Taganläuten, das „Gebetläuten“ auf die Nacht und auch das Wetterläuten beim Aufziehen eines Gewitters in Ganackersberg sträflich unterlasse, obwohl er im Jahr einen Zehnt im Wert von 15 fl (Gulden) erhalte.
- Um 1730: Die nahegelegene großartige Wallfahrtskirche in Haid in feinem Rokoko-Stil wird fertiggestellt und erlebt einen Ansturm von Wallfahrern.
- 1749: Das Kirchlein von Ganackersberg wird als altmodisch, unbequem und ärmlich angesehen. Es hat kein spiegelndes Pflaster am Boden und nicht einmal Kirchenstühle. Die Betenden müssen auf einem groben Ziegelsteinpflaster knien.
- 1754: Der Pfarrer von Kammern bittet den Bischof von Passau, dass die jeden dritten Sonntag in Ganackersberg abzuhaltende Messe von nun an in Haid gehalten werden dürfe. Die Gemeinde Wisselsdorf protestiert daraufhin wiederrum scharf dagegen. Auch der Bauer von Ganackersberg schließt sich an. Dem Wunsch des Kamminger Pfarrers wird von Passau aus nicht entsprochen.
- Um 1800: Die Ganackersberger Kirche kommt immer weiter herab und ist ruinös. Außerdem erweist sie sich für die Kirchenbesucher aus den inzwischen größer gewordenen Dörfern Wisselsdorf, Heimhart und den Bewohnern von Ganackersberg als zu klein, so dass der Pfarrer an hohen Feiertagen, wie dem Osterfest, die Predigt auf dem Friedhof unter freiem Himmel halten muss.
- 1805: Der Fürstbesuch Leopold von Thun verfügt am 27. Juni des Jahres, dass die Filialkirche von Kammern in Ganackersberg „gänzlich demoliert“, also abgerissen werden soll und die dort vorgesehenen Gottesdienste nach Haid verlegt werden. Durch die Wirren der Säkularisation in Bayern ist dieser Beschluss des Abbruchs, Gott sei Dank, nicht vollzogen worden.
- 1845: Der Bauer von Ganackersberg hat die schlimmsten, durch einen schweren Hagelschlag im Juni des Vorjahres verursachten Schäden am Kirchlein notdürftig repariert. Aber das Gebäude ist in einem sehr maroden Zustand, der mit der fortschreitenden Zeit nicht besser wird.
- 1850: Bischof Heinrich von Passau schließt die Kirche von Ganackersberg wegen großer Baufälligkeit und Unreinlichkeit im Kircheninnern. Die fälligen Gottesdienste sollen von nun an in Haid gehalten werden.
- 1855: Der Einödbauer und die Ganackersberg zugehörigen Häuser der umliegenden Ortschaften fühlen sich an ihrer Ehre gepackt und bringen in Eigenregie das Kirchlein wieder in Schuss. Der Ganackersberger Bauer nimmt dafür 600 Gulden in die Hand, die Dörfler leisten Hand- und Spanndienste und retten damit die Kirche vor dem Verfall. Die Kirche erhält wieder die Benediktion (Weihe) und ihre altherkömmliche Gottesdienstordnung zurück, allerdings mit dem verhängnisvollen Zusatz: Der treffende pfarrliche Gottesdienst von Ganackersberg soll in Haid abgehalten werden, wenn in schlechter Jahreszeit der Weg nach Ganackersberg nicht gut passierbar ist. Das war der Anfang vom Ende der Herrlichkeit von Ganackersberg. Alle ihre kirchlichen Rechte verlor Ganackersberg an Haid und sank zur Bedeutungslosigkeit herab.
- 1862: In den „Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern“ ist auf Seite 208 vermerkt, dass sich die Steinfigur mit einem hammerähnlichen Instrument in Händen (das „Ganackersberger Mandl“), die sieben Jahrhunderte lang als Antefixum, als eine an der Wand befestigte Steinplatte, an der Außenseite der Kirchentür zu sehen war, nun im Pfarrhof Kammern befindet. Das uralte, sagenumwobene, figürliche Steinbild wurde vorsichtshalber in Sicherheit gebracht.
- 1867: In der „Statistischen Beschreibung des Bistums Passau“ wird vermerkt, dass zur „Sepultur“ (Begräbnisort, Friedhof) Ganackersberg außer der Einöde Ganackersberg selbst mit 13 Seelen, das Dorf Haid mit sechs Häusern und 39 Seelen, Wisselsdorf mit 24 Häusern und 149 Seelen auch noch zur Hälfte das Dorf Heimhart mit 17 Häusern und 96 Seelen gehören.
- 1887: Der Friedhof in Ganackersberg wird aufgelassen. Die neue Begräbnisstätte ist Haid.
- 1896: Zum Ende des 19. Jahrhundert setzt im Zeichen des „Historismus“ die Rückbesinnung auf alte Zeiten und die Wertschätzung geschichtlich tradierter Werte und Werke ein. Das führt auch zu einer Renovierung der Kirche zu Ganackersberg, um die Substanz des Bauwerks notdürftig zu erhalten.
- 1959: Mit der Eröffnung des Heimatmuseums Landau kommt das Ganackersberger Mandl als Dauerleihgabe ins Museum und ist bis auf den heutigen Tag ein Prunkstück und eine Attraktion der Dauerausstellung.
- 1974: Die Pfarrei Kammern kommt zum Großteil zum Pfarrverband Landau. Die Sprengelteile Ganackersberg, Haid, Heimhart und Wisselsdorf werden seelsorgerisch fortan von Eichendorf aus betreut.
- 2023: Die feuchten Grundmauern des denkmalgeschützten Bauwerks werden trocken gelegt.
- 2024: Eine dreidimensionale originalgetreue Kopie des Ganackersberger Mandls, finanziert von der BRAMENKAMP-Stiftung, wird im Eingangsbereich des Kirchleins angebracht. Das Original des Steinreliefs bleibt in Landau.

Das Ganackersberger Mandl
- Kopie der ältesten Steinplastik in unserem Landkreis, entstanden um das Jahr 1200, einst angebracht im Eingangsbereich dieser kleinen romantischen Kirche St. Georg.
- Naive Darstellung eines Mannes mit erhobener Spitzhacke. Vermutlich Abwehrfigur gegen alles Böse vor dem Betreten der Kirche.
- Eine vor Ort verbreitete Sage hält das Mandl für ein Selbstbildnis des Erbauers der Kirche, der diese als Sühneleistung für eine begangene schwere Schuld errichtet hat.
- Das Original befindet sich im Heimatmuseum Landau an der Isar.

Quellen:
Statistische Beschreibung des Bistums Passau, 1867
Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, Band 8, 1862
Landauer Zeitung, 30. Juni 1960
Internet: Götzensteine und figürliche Steinbilder